Date mit einem Heiligen

Vorwort

Welche Beziehung haben Sie zu Ihrem Heiligen, dem Heiligen, nach dem man Sie getauft hat? Sie heißen Maria oder Irinie, Emmanuel oder Spiridon, Jacob oder Johannes? Oder ist es doch ein seltenerer Taufname, ein nicht so sehr bekannter Heiliger? Haben Sie eine wirkliche Beziehung zu Ihm oder heißen Sie halt so und haben sich nie weiter Gedanken gemacht? Was denn für Gedanken? Diese Frage ist berechtigt. Ich möchte versuchen, interessierten Lesern einige Heiligengeschichten näher zu bringen. Dabei werde ich einen neuen Weg gehen. Einige mir bekannte Glaubensbrüder haben mir gestattet, über Sie und Ihre Heiligen eine kleine Geschichte zu schreiben, welche es dem Leser möglich macht, den Heiligen näher kennen zu lernen, Ihn als Mensch mit einem bestimmten Schicksal zu erleben. Ich schreibe, um mit Ihnen als Lesern nahe beim Heiligen zu sein und den Grund besser zu verstehen, warum man Ihn heiliggesprochen hat. Was liegt also näher als einige Menschen ein Stück weit zu begleiten und mit Ihnen nahe beim Heiligen zu sein.

Zum Verständnis unseres Umgangs mit den Heiligen

Dazu ein Auszug aus meinem Buch: „Bodo und Efraem – meine Metamorphose“

Die Gemeinde und Ihre Heiligen:

Die orthodoxe Kirche hat ein besonders inniges Verhältnis zu den Heiligen innerhalb des Leibes Christi. „Heiligenverehrung bedeutet Selbstfindung des Christen in einem Verhältnis von Person zu Person, Erlebnis und Realisierung der Gemeinschaft innerhalb der Kirche in respektvoller Achtung und Annahme der Schwester und des Bruders, unabhängig von Zeit und Raum. Denn die Schwestern und die Brüder innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft bilden ein Ganzes, eine Einheit, die lebt und in einer immerwährenden Gegenwart existiert.“           

Betreten wir Orthodoxe also eine Orthodoxe Kapelle oder Kirche, so sind wir nicht alleine, die versammelte Gemeinschaft der Heiligen ist mit uns.

Zum Buchinhalt

Das Buch verfügt über ein Inhaltsverzeichnis und ist zweisprachig. (Deutsch und Griechisch)

Außer der Begegnung mit dem jeweiligen Heiligen ist zum besseren Verständnis der jeweiligen geschichtlichen Situation ein Anhang, jeweils mit einigen Erläuterungen und Fakten geordnet nach Buch und Kapitel angefügt.

Auszug aus dem Inhalt:

Agios (der Heilige) Ephraim [efrém] von Nea Makri

Die Liturgiefeier ist vorüber und die Kirche leert sich. Jetzt begrüße ich noch meinen Lieben Heiligen Ephraim von Nea Makri. Ich küsse die Ikone und bekreuzige mich 3 Mal. Da ich noch mit Pater Emmanuel sprechen möchte und er momentan stark von Anfragen vieler Gläubiger nach Taufen für Säuglinge und anderen Sachen beansprucht ist, muss ich warten. Nein ich will warten, um noch ein paar persönliche Worte mit Ihm zu wechseln. Er ist nicht nur der Pfarrer meiner Gemeinde, mein Beichtvater wenn ich es möchte, er ist auch ein guter Freund.

So sitze ich unter der Ikone meines Heiligen und meine Gedanken schweifen ab…. es ist als wenn der Heilige Ephraim zu mir spricht:

„Es ist schön, dass Du mich begrüßt hast lieber Efraem. Aber du solltest mich auch wieder einmal besuchen kommen in Nea Makri.“

Ich schaue zu Ihm, zur Ikone, hoch, doch da ist keine Ikone. Ich schaue in den blauen Himmel. Um mich herum in die Hügellandschaft eingebettet ist ein Kloster in dessen Garten ich sitze. Es herrscht emsiges Treiben in den Gemüsebeten. Nur die Werkzeuge der Mönche wirken wie aus einer anderen Zeit. Ich bin nicht alleine auf dieser Bank im Schatten eines Feigenbaumes. Neben mir sitzt ein nicht ganz junger Mönch. Dieses Gesicht kenne ich doch! Ephraim! Es ist der heilige Ephraim! Ich bekomme keinen Ton heraus. Da spricht er mich freundlich an: „Lieber Efraem hab keine Angst. Du bist nicht verrückt geworden und bist auch nicht hier. Ich bin auch nicht wirklich hier. Aber ich dachte, wir treffen uns hier an diesem Ort, an dem mein Schicksal besiegelt wurde und der Dir so sehr am Herzen liegt. Wir schreiben heute den 13.05.1424. Wir sind hier im Kloster der Verkündigung am Berg Amomon nahe Plesti, ihr nennt es heute Nea Makri. Die Ruhe ist trügerisch. Die Türken ziehen mordend durch Griechenland und jederzeit können sie auch hier einfallen. Es sind Soldaten des muslimischen Sultans Bayazid I. Schon länger knechten sie unser Land. Viele meiner Gefährten haben sie in ihren Militärdienst gezwungen. Niemals hätte ich dies zugelassen und so bin ich, Konstantin Morphes, geboren am 14.09.1384 in Trikala, Tessalien, vor Jahren als ganz junger Mann hier ins Kloster gekommen und wurde Priestermönch. Aber wir dienen dem Herrn und lassen uns so leicht nicht vertreiben.“ Ich gewinne meine Sprache wieder und frage erstaunt und auch etwas verängstigt: „Lieber Heiliger Ephraim, Du willst mir sagen, Du bist tot? Warum sind wir dann hier?“ Er lächelt milde. „Ich will Dir meine Geschichte erzählen, nicht um mich zu beklagen, sondern um Dir zu zeigen, dass es wichtig ist, zu seinen Überzeugungen zu stehen und das, was man für richtig und wichtig hält, nicht Preis zu geben, sondern zu verteidigen. Das gilt besonders für den Glauben und das Seelenheil.“ Er schaut mich an. „Ich bin heiliggesprochen?“ Sein Blick geht in die Ferne und sein Gesicht zeigt ein scheues aber doch stolzes Lächeln. „Ich bin einer von vielen, wie Du in der Katechese gelernt hast und in der Kirche immer wieder spürst. Aber da Du meinen Namen trägst, bin ich für Dich etwas Besonderes. Für mich war das nie ein Ziel. Obwohl wir Gläubige ja alle danach stre-ben, vollkommene Christen zu werden. Doch nun zum Geschehen in diesen furchtbaren Tagen des Jahres 1424.“

Vor meinen Augen verschwimmt alles und als ich wieder klar sehen kann bin ich nicht mehr körperlich. Ich blicke aus einer leichten Vogelperspektive über das Klostergelände. Von weitem ist Lärm zu hören. Menschen schreien vor Schmerz. Fremdartiges Grölen ist dazwischen zu hören. Die Türken nahen mordend und brandschatzend aus Richtung Plesti, Nea Makri!

Das Kloster ist nicht wie in Tessalien die Meteora Klöster für Eindringlinge geografisch exponiert auf einer Felsnase gelegen und damit sicher. Es ist auch nicht gleich einer Festung gebaut wie viele Klöster des Athos, des Agion Oros. Nein, nur ein Tor und die im Care stehenden Gebäude selbst schützen die Menschen vor dem sofortigen Zugriff. Die Osmanen verfolgen ein klares Ziel. Heute wollen sie den in Ihren Augen ungläubigen Mönchen den Gar ausmachen. Schon lange war Ihnen das Kloster der Verkündigung ein Dorn im Auge! Schnell stehen erste Gebäude in Flammen, die Mönche, die nicht wehrhaft sind, ziehen sich in die Kirche zum Gebet zurück. Nicht lange hält das Tor dem Ansturm stand. Als es bricht, beginnt das furchtbare Gemetzel, dem niemand entkommt. Aber nicht nur die Menschen sind Ziel des Angriffs. Die Kirche mit den Ikonen der Heiligen, alle Schriften und jegliche christliche Ausstattung des Klosters fallen der Zerstörung anheim. Diesmal sind keine zum Dienst gedungenen Einheimischen unter den Angreifern und so wird jeder, dem man habhaft wird ermordet. Als es Nacht wird erleuchten immer noch die Feuer der Gebäude das Geschehen. Ein übler Geruch aus Rauch und Blut liegt über dem schwer beschädigten Kloster. In der brennenden Kirche liegen viele tote Mönche. Auch auf dem Hof und im Garten hat man die Leichen einfach liegen gelassen und sich für die Nacht in den noch stehenden Gebäudeteilen eingenistet. Mein Gott wo warst Du an diesem Tag als Satan sein Werk hier vollbrachte? Nein anders. Den im Gebet gestorben tapferen Mönchen haben die Osmanen zwar das Leben genommen, ihrer Seelen konnte Satan aber nicht habhaft werden! Ungebeugt starben sie für Ihren Glauben. Mein Blick schweift umher. Wie können Menschen sich nur so ein Leid gegenseitig antun? Doch wo ich auch suche, Ephraim kann ich nicht entdecken?

Neben mir erklingt die mir wohl bekannte Stimme: „Nein Efraem. Ich bin nicht unter den Toten, als dies hier geschah, weilte ich in einiger Entfernung, da ich immer wieder die Einsamkeit suchte, um Gott ganz nahe sein zu können. Diese verschärfte Askese war immer mein Weg zu Gott. Von weitem konnte ich die Rauchsäulen über dem Kloster sehen. Doch mir blieb nur das Gebet für das Seelenheil meiner Brüder.“ „Ich fasste einen Entschluss. Nach einiger Zeit, die Osmanischen Schergen waren wieder abgezogen, begab ich mich zum Kloster um zu sehen, was nach dem Angriff noch vom Klos-ter der Verkündigung übrig ist. Schwer waren die Zerstörungen. Gemeinsam mit einigen Bewohnern von Plesti haben wir zuerst die sterblichen Überreste meiner Gebrüder beigesetzt. Nach einer Zeit des gedenkenden Gebetes begann ich mit dem Wiederaufbau. Die Osmanen sollten nicht die Oberhand behalten. Dies ist Gott geweihter Boden und ich würde das Kloster wieder zum Leben erwecken! War das Gebet in der Einsiedelei der eine Teil meines Mönchseins, meines Dienstes und meines Lebens für Gott, so war dieser Wiederaufbau mein neuer Auftrag. Die ganze Zeit bis zum Be-ginn des Septembers 1424 kamen wir gut voran, einige neue Mitbrüder hatten sich eingefunden und auch aus dem Ort gab es Unterstützung. Es war recht ruhig in unserer Gegend. Wir hatten Ostern und auch Pfingsten begangen und nun stand das Fest der Kreuzerhöhung an. Am Vorabend des 14. September 1424 wurde nahe der Stavros Kapelle das Festmahl bereitet. Wie üblich war die Jugend des Ortes an der Zubereitung beteiligt, beaufsichtigt von einem in der Küche erfahrenen Mitbruder. Wir würden natürlich an der Zeremonie natürlich teilnehmen. Aber sieh‘ selbst, was dann geschah:“

Mein Blick schweift wieder über das Klostergelände…

Es ist 8:00 Uhr, 14. September 1424. Ephraim kommt mit seinen Brüdern nach dem morgendlichen Gottesdienst aus der Kirche um zum Essen zugehen… Plötzlich sprengen Reiter auf den Hof. Glänzende Klingen in Ihren Händen spiegeln das Sonnenlicht. Schnell ist die kleine Schar von Mönchen umzingelt. Auf Griechisch werden sie angerufen. Wer denn hier das Sagen hätte? Ruhig und mutig tritt Ephraim vor. Bereit, jetzt und hier von den Osmanischen Schergen für seinen Glauben erschlagen zu werden. Doch Sekunden später sausen die krummen osmanischen Säbel auf die dahin-terstehenden Mitbrüder nieder. Ephraim wird gebunden und in Gefangenschaft genommen. Sein Martyrium hatte begonnen.

Wie es weiter geht? Schaut nach im Buch!

Bodo Efraem Danz